Pressemitteilung

Veröffentlichung des Jahresberichts 2022

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI), Meike Kamp, stellt heute ihren Jahresbericht für das Jahr 2022 vor. Auf 170 Seiten informiert sie darin über die wichtigsten Beratungen und Verfahren sowie maßgebliche Bußgeldfälle aus dem vergangenen Jahr.

Meike Kamp: „Im Jahr 2022 beschäftigten uns erneut die Folgen der Corona-Pandemie, etwa in mehreren Bußgeldfällen gegen Corona-Testzentren. Im Fokus standen aber auch Beratungen zur datenschutzkonformen Digitalisierung der Verwaltung sowie die Prüfung von knapp 4.500 Eingaben der Berlinerinnen und Berliner. Ich sehe es als meine Aufgabe an, sicherzustellen, dass Menschen von der Digitalisierung profitieren, ohne auf Selbstbestimmung und unbeobachtete Freiräume verzichten zu müssen.“

Im Jahr 2022 wandten sich Privatpersonen in insgesamt 4.445 Fällen mit einer Beschwerde oder einem Beratungsersuchen an die BlnBDI. Die Zahl ist weiterhin auf einem hohen Niveau, doch geringer als im Vorjahr (5.671 Eingaben), als sich besonders viele Menschen im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung beschwerten. Auch die Zahl der gemeldeten Datenpannen ging leicht zurück auf 1.068 Vorfälle, häufig verursacht durch Schadsoftware-Angriffe oder Schwachstellen.

Die Behörde hat 269 Verwarnungen, sieben Warnungen und vier Anordnungen gegenüber privaten und öffentlichen Stellen ausgesprochen. Zudem erließ sie Bußgelder in Höhe von insgesamt 716.575 Euro, u. a. gegen eine Auskunftei, die 13 falsche Geburtsdaten zu einem Beschwerdeführer gespeichert hatte. Das höchste Bußgeld mit 525.000 Euro wurde gegen einen Online-Händler aufgrund eines Interessenkonflikts des betrieblichen Datenschutzbeauftragten erlassen. Weitere Bußgelder ergingen gegen Corona-Testzentren und aufgrund unbefugter Datenbankabfragen durch Polizeibedienstete und Beschäftigte der Jobcenter.

Erheblichen Aufholbedarf beschreibt der Jahresbericht bei der Verwaltungsdigitalisierung. Die konkrete Umsetzung ist mit vielen technischen Herausforderungen verbunden und wirft zahlreiche Datenschutzfragen auf, bei deren Beantwortung die BlnBDI umfangreich unterstützt. So hat die Behörde das Sozialamt Mitte bei der Erstellung des Datenschutzkonzepts zur E-Akte beraten, das nun auch von anderen Behörden verwendet werden soll.

Wie gelungene Beratung öffentlicher Stellen aussehen kann, zeigte sich bei zwei Projekten in den Bereichen Jugendhilfe und Hochschulen. In beiden Fällen wurde die BlnBDI frühzeitig eingebunden, um hinsichtlich des Datenschutzes zu beraten. So verwarf eine Berliner Universität nach der Beratung ihre ursprüngliche Idee, Studieneignungstests mithilfe von Proctoring-Software umfassend zu überwachen. Die neuen Ausführungsvorschriften für die Jugendhilfe im Strafverfahren wurden durch die Beratung der BlnBDI praxisgerecht an die DSGVO angepasst.

Im Nachgang zur Bundestagswahl erreichten die Behörde zahlreiche Beschwerden zu personalisierten Testimonials von Prominenten aus Politik und Wirtschaft, die für einen Bundestagskandidaten warben. Die BlnBDI stellte mehrere Datenschutzverstöße fest, u. a., weil die Betroffenen über den wahren Absender und die Herkunft der Daten im Unklaren gelassen wurden. Angesichts der hohen Zahl an Betroffenen und der Schwere der Verstöße prüft die BlnBDI derzeit die Verhängung eines Bußgeldes gegen den Bezirksverband der Partei.

In dieser Woche feiert die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ihr fünfjähriges Jubiläum. Meike Kamp resümiert: „Es hat einige Zeit gedauert, aber mittlerweile gewinnt die europäische Kooperation unter den Aufsichtsbehörden an Fahrt. Jedes Jahr sehen wir mehr Sanktionen, mehr Aufsichtsmaßnahmen auf europäischer Ebene, auch gegen die großen Tech-Plattformen. Mit dem Digitalpaket und der Datenstrategie der Europäischen Union sowie der geplanten Regulierung des politischen Targetings stehen neue rechtliche Entwicklungen bevor, die unsere Arbeit mitbestimmen werden.“

Nach wie vor wartet Berlin auf die Verabschiedung eines modernen Transparenzgesetzes, nachdem der wiederholte Anlauf der letzten Koalition erneut scheiterte. Der Jahresbericht verdeutlicht, welchen Reformbedarf es bei der Informationsfreiheit in Berlin gibt. Dazu Meike Kamp: „Die Menschen in unserer Stadt müssen bei politischen Entscheidungen viel mehr mitgenommen werden. Da kann das Transparenzgesetz helfen, indem es die Behörden verpflichtet, von sich aus Informationen zur Verfügung zu stellen, die als Grundlage für politische Entscheidungen dienen.“

Der vollständige Jahresbericht ist hier abrufbar. Eine Übersicht über ausgewählte Themen gibt die Anlage zur Pressemitteilung.